Genialen Prozessvergleich trotz aussichtsloser Rechtslage verhandeln

prozessvergleich so geht verhandelnHeute erzähle ich Ihnen eine (wahre) Geschichte darüber, wie man vor Gericht trotz aussichtsloser Rechtslage doch noch einen genialen Prozessvergleich verhandelt.

Wir Jurastudenten müssen im Laufe unseres Studiums bekanntlich mehrere Praktika machen – das ist nicht anders als in anderen Studiengängen. Deshalb schnupperte ich vor etwa 15 Jahren in eine renommierte Münchner Kanzlei. Und da freut sich das Herz natürlich, wenn man mit zu einem spannenden Prozess genommen wird.

Spannend? Auf alle Fälle!

Worum ging es im Prozess?

Ein wohlhabender Unternehmer hatte ein Gemälde von Le Corbusier in einem sehr namhaften Kunstauktionshaus gekauft. Es war leider eine Fälschung. Weil der Kauf schon so lange zurücklag, waren etwaige Ansprüche höchstwahrscheinlich verjährt.

Das sagte ich meinem Chef damals auch. Er: „Schauen wir mal. Prüfen Sie nochmal weiter.“ Eine weitere Recherche führte wieder zum gleichen Ergebnis: Ansprüche verjährt. Mein Chef: „Wir werden sehen. Noch ist nichts verloren.“

Wie verlief die mündliche Verhandlung?

Am Tag der mündlichen Verhandlung erwartet ich nichts sonderlich Gutes. Doch Überraschung: Mein damaliger Chef sagte nach ein wenig Geplänkel trocken zum Geschäftsführer der Beklagten:

„Herr …, ich muss Sie jetzt etwas fragen. Wie sieht denn das aus, wenn ein weltbekanntes Auktionshaus eine Fälschung verkauft und sich dann auf die Verjährung beruft?“

Der sinngemäß:

„Das sieht nicht so toll aus.“

Mein Chef zeigte dann auf mich und sagte:

„Die Öffentlichkeit ist ja heute auch anwesend, die wird das sicher interessieren.“

So sah der Deal aus

Wir gingen dann mit der Gegenseite für ein paar Minuten vor die Tür und kamen mit einem Deal zurück. Es floss zwar kein Geld. Bei künftigen Käufen erhält der Mandant aber einen ordentlichen Rabatt (bis maximal in Höhe der Klageforderung). Mir fiel es wie Schuppen von den Augen, dass es sich hier um eine echte „Win win“-Situation handelt.

Hätte die Beklagte den „Verjährungsjoker“ gespielt, was dem Gesetz nach funktioniert hätte, hätten wir den Streit verloren. Dann wäre der Mandant natürlich sehr enttäuscht gewesen. Auch das Auktionshaus hätte ihren Kunden für immer verloren.

So aber blieb der (sehr) wohlhabende Herr vermutlich noch viele weitere Jahre Kunde des Auktionshauses, beide haben ihr Gesicht gewahrt und es gab keinen wirklichen Verlierer.

Fazit

Das Gesetz anwenden können ist eine Sache. So ein Deal und so eine „Ansage“ wie sie mein Chef damals machte, gepaart mit der Zuversicht trotz der schwierigen rechtlichen Ausgangslage, stehen aber nicht im Gesetz. Erst die Soft Skills – hier Zuversicht, Überzeugung und Empathie – führen zu wirklich wirtschaftlichen Lösungen.

👉 Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht? Bin gespannt!

(Ursprünglich auf LinkedIn veröffentlicht / originally posted on LinkedIn)

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Über den Autor Dr. Max Greger

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