Auf dieser Seite lernst du, was passiert, wenn es zu einer Markenrechtsverletzung kommt. Insbesondere erkläre ich dir die Ansprüche (Unterlassung, Schadensersatz etc.) und wie sie durchgesetzt werden.
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Ausgangspunkt: Verwechslungsgefahr durch Markenanmeldung
Im Zusammenhang mit der Anmeldung einer Marke haben wir bereits die Bedeutung der Verwechslungsgefahr kennengelernt. Kurz zur Wiederholung: Wenn du eine Marke anmeldest, muss das Zeichen bzw. die Grafik genügend unterschiedlich zu anderen Marken sein, wenn sich beide Marken auf die gleichen oder ähnlichen Waren und Dienstleistungen beziehen.
Die eben erläuterte Verwechslungsgefahr spielt bereits bei der Markenanmeldung eine große Rolle. Denn ein Inhaber älterer Schutzrechte kann die Markeneintragung von vornherein mit dem Widerspruch angreifen. Das Markenamt prüft dann die Verwechslungsgefahr. Ist diese gegeben, löscht es die Marke ganz oder zumindest teilweise aus dem Markenregister. Auch später ist noch jederzeit die Löschung einer eingetragenen Marke wegen Vorliegens eines relativen Schutzhindernisses auf Antrag zum Markenamt oder im Wege einer Löschungsklage vor den Zivilgerichten möglich.
Diese eben genannten Verfahren haben alle den Zweck, die Markeneintragung zu verhindern oder zunichtezumachen. Es gibt aber noch eine zweite Ebene, die hiervon zu unterscheiden ist: Die Rechtsverletzung durch eine tatsächliche Benutzung einer Marke.
Was ist jeweils die maßgebliche Verletzung?
Verfahren | jüngere Marke |
---|---|
Widerspruch & Löschung | Eintragung/Anmeldung |
Unterlassungsanspruch/ Schadensersatzanspruch |
tatsächliche Benutzung |
Wann benutzen Dritte ein Markenrecht rechtswidrig?
Bei Markenrechtsverletzungen durch Benutzung, ist es genau anders als bei Widerspruch und Löschung: Hier – bei Markenrechtsverletzungen – werden immer die Eintragung der älteren Marke mit der tatsächlichen Benutzung der Marke auf dem Markt verglichen. Ob die tatsächliche Benutzung ältere Rechte verletzt, beurteilen Gerichte nach § 14 MarkenG. Es hängt davon ab, ob ein Dritter eine eingetragene Marke entweder identisch oder in zum Verwechseln ähnlicher Weise benutzt wird oder den Ruf des älteren Rechts in unlauterer Weise ausnutzt bzw. beeinträchtigt.
Egal, welchen der drei Tatbestände wir prüfen: Der “Bösewicht” muss das Zeichen immer markenmäßig benutzen bzw. muss eine solche Benutzung bevorstehen.
Die sog. markenmäßige Benutzung erfordert – laienhaft gesprochen -, dass die Marke geschäftsmäßig auf dem relevanten Markt zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt wird. Der jeweils relevante Markt hängt von der Art der Marke ab. Bei DE-Marken kommt es auf den deutschen Markt an, bei Unionsmarken genügt die (rechtsverletzende) markenmäßige Benutzung in jedem anderen der 27 Mitgliedsstaaten.
Wir sehen uns im nächsten Abschnitt genau an, welche markenmäßigen Benutzungen gegen ältere Rechte verstoßen.
Die Tatbestände der Markenrechtsverletzung (§ 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-3 MarkenG)
Es gibt nun 3 Kategorien bzw. Möglichkeiten, wie eine markenmäßige Benutzung ältere Schutzrechte verletzen kann:
3 Verletzungstatbestände
- identische Benutzung
- zum Verwechseln ähnliche Benutzung
- Rufbeeinträchtigung.
Identität der Zeichen und Waren- / Dienstleistungen
Die identische Benutzung eines Zeichens sowohl im Hinblick auf das Zeichen selbst als auch auf die Waren-/Dienstleistungen verstößt immer gegen das ältere Schutzrecht. Es erübrigt sich die (gleich im nächsten Abschnitt behandelte) Frage nach einer Verwechslungsgefahr.
Nehmen wir an, du bist Inhaber der Marke „Walter“ für die Klasse 41 (Durchführung von Motivationsseminaren). Dann hättest du aller Wahrscheinlichkeit nach einen Unterlassungsanspruch gegen einen Dritten, der das gleiche Zeichen („Walter“) im geschäftlichen Verkehr (also auf dem deutschen Markt) für Dienstleistungen der Klasse 41 nutzt. Wir sprechen dann von einer identischen Benutzung. Bei Waren liegt eine solche identische Benutzung in der Regel bei Produktpiraterie oder Parallelimport vor.
Ähnlichkeit der Zeichen und Waren- / Dienstleistungen (Verwechlungsgefahr)
Aber auch ähnliche Zeichenbenutzungen können dein Markenrecht verletzen, wenn dadurch die Gefahr von Verwechslungen entsteht (Verwechslungsgefahr). Eine Verwechslungsgefahr bejaht die Rechtsprechung unter folgenden Voraussetzungen:
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
- Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen (wobei schon die Übereinstimmung in einer der drei Kategorien genügt
- klangliche Ähnlichkeit
- schriftbildliche Ähnlichkeit
- ähnliche Bedeutung
- Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Diese Aspekte würdigen die Gerichte dann in einer Gesamtabwägung, wobei ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt
Nehmen wir an, ein Dritter nutzt das Zeichen „Wolter“ für Sportveranstaltungen. Dann haben wir nicht identische, sich gegenüberstehende Zeichen. Vielmehr haben wir zwei unterschiedliche Zeichen. Zwar unterscheiden sich die Zeichen zumindest in einem Buchstaben, jedoch ähneln sie sich sowohl klanglich als auch schriftbildlich. Daher wird man hier von einer Zeichenähnlichkeit ausgehen. Dazu kannst du gerne noch einmal die Seite zur Markenanmeldung besuchen. Dort erkläre ich genauer, was unter Zeichenähnlichkeit zu verstehen ist.
Auch die Dienstleistungen sind zwar nicht identisch, jedoch ähnlich. Denn beide Leistungen (Motivationsseminare einerseits und Sportveranstaltungen andererseits) unterfallen der Klasse 41.
Ergebnis: Der Dritte benutzt nicht nur ein ähnliches Zeichen. Er benutzt es auch für ähnliche Dienstleistungen (der gleichen Klasse). Das Ergebnis: Verwechslungsgefahr liegt vor.
So wie übrigens bei der Markenanmeldung das Markenamt anhand der Sichtweise des angesprochenen Verkehrs die Verwechslungsgefahr beurteilt, ist es auch bei Verletzungsklagen. Das Gericht versetzt sich in die Lage der angesprochenen Adressatenkreise (das können mehrere sein). Es prüft dann, ob zumindest ein Teil dieser angesprochenen Adressaten einen Zusammenhang zwischen der Zeichenbenutzung und der eingetragenen Marke herstellt. Wenn das der Fall ist, wird es die Verwechslungsgefahr bejahen.
Rufausbeutung bzw. Rufbeeinträchtigung
Dadurch besteht die Gefahr, dass die faktische Markenbenutzung durch den Dritten zu der Vorstellung bei den Adressaten führt, dass Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Unternehmen bestehen (Beziehungsirrtum):
- organisatorische Beziehungen
- rechtliche Beziehungen
- wirtschaftliche Beziehungen.
Grund für die Rechtsverletzung ist somit, dass die Markenbenutzung potentiell den guten Ruf und die Wertschätzung der Marke, beeinträchtigt oder unlauter ausnutzt. Die angesprochenen Adressaten erkennen also, dass zwei unterschiedliche Zeichen vorliegen. Sie können diese auch unterschiedlichen Inhabern zuordnen. Es erfordert keine “echte” Verwechslungsgefahr. Diese Fallgruppe nennen wir daher auch “mittelbare” Verwechslungsgefahr oder „Trittbrettfahren“.
Anspruch auf Unterlassung
Nun stell dir vor, du bekommst Anfragen von potentiellen Kunden über deine Website oder gar Reklamationen, die das Produkt des Trittbrettfahrers betreffen.
Ärgerlich? Auf jeden Fall! Doch was tun?
Im Wesentlichen hast du 2 primäre Ansprüche: Unterlassungsanspruch und Schadensersatzanspruch.
- Unterlassungsanspruch: zielt darauf ab, jemandem die Benutzung deiner Marke in identischer oder ähnlicher Form zu verbieten.
- Schadensersatz: soll die Schäden kompensieren, die du durch die rechtsverletzende Handlung erlitten hast.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Ansprüche (Auskunft, Urteilsbekanntmachung etc.), auf die wir an dieser Stelle aber (noch) nicht eingehen.
(Vorbeugender) Unterlassungsanspruch
Generell besteht im gesamten Zivilrecht (also, wenn sich zwei natürliche oder juristische Privatpersonen gegenüberstehen) die Möglichkeit, rechtsverletzende Handlungen zu verbieten. Wir nennen das „Anspruch auf Unterlassung“. Geregelt ist er in § 1004 Abs. 1 BGB, aber auch in § 823 Abs. 1 u. 2 BGB. Der Unterlassungsanspruch beinhaltet also das Recht, jemandem etwas zu verbieten. Z. B. “Du darfst das Zeichen “Wolther” nicht markenmäßig in Deutschland für Seifen benutzen.” Wenn der Anspruchsgegner dein Recht schon verletzt hat, liegt sog. Wiederholungsgefahr vor. Gegen erneute Beeinträchtigungen wehrst du dich mit dem Unterlassungsanspruch.
Hat der Dritte deine Rechte hingegen noch nicht verletzt, wird das aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kürze tun, besteht Erstbegehungsgefahr. Der Anspruch, den du hiergegen geltend machen kannst, heißt vorbeugender Unterlassungsanspruch.
Unterlassungsansprüche
Verletzung | Anspruch |
---|---|
bereits erfolgt | Unterlassungsanspruch |
Verletzung droht | vorbeugender UL-Anspruch |
Die Abmahnung: letzte Chance für den Verletzer
Damit nun nicht bei jeder Rechtsverletzung gleich ein Gericht entscheiden muss, gilt der Grundsatz, dass du den Verletzer zunächst abmahnen musst. Die Abmahnung, die du vielleicht schon aus dem Angestelltenverhältnis (als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) kennst, “weist dem Verletzer den rechten Weg”. Ohne vorherige Abmahnung würden Gerichte eine Unterlassungsklage im Regelfall abweisen. Argument: Klage war (noch) nicht geboten, also überstürzt.
- Parteien: müssen klar bezeichnet werden
- Verletzungshandlung: muss beschrieben werden
- Rechtliche Ausführungen: zumindest generell beschreiben, auf welches Recht ich mich stütze
- Fristsetzung: Aufforderung, die Verletzungshandlung fristgerecht abzustellen
- Androhung: Gerichtliche Schritte, falls Handlung nicht beendet wird
Ziel der Abmahnung ist, dass der Verletzer sein rechtswidriges Verhalten beendet. Weil aber eine einmal erfolgte Rechtsverletzung eine Wiederholungsgefahr indiziert (d. h. sie wird vermutet) genügt die bloße Beendigung der Handlung nicht. Vielmehr muss er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Diese besteht mindestens aus zwei Komponenten:
- Der Verletzer erklärt, dass er das beanstandete Verhalten künftig unterlassen wird.
- Für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung verspricht der Verletzer eine Vertragsstrafe.
Reagiert der Verletzer auf die Abmahnung nicht, bleibt die Wiederholungsgefahr bestehen (und damit auch der Unterlassungsanspruch). Dann steht es dem Inhaber des Markenrechts frei, seinen Unterlassungsanspruch gerichtlich durchzusetzen.
Dazu gibt es zwei Verfahrensarten:
Hauptsacheklage auf Unterlassung
Eine Hauptsacheklage ist eine ganz normale Klage vor den Zivilgerichten mit Beweisaufnahme und in der Regel einer mündlichen Verhandlung.
Einstweilige Verfügung (Unterlassungsverfügung)
Das Eilverfahren hingegen kann man meistens nur innerhalb von 1 Monat seit Kenntnis vom Rechtsverstoß beantragen (sog. Dringlichkeitsfrist). Diese Frist kann u. U. – je nach Gericht – auch etwas länger ausfallen, wenngleich die Monatsfrist von den meisten Gerichten vorausgesetzt wird. Das Gericht prüft dann summarisch, d. h. nicht so tiefgründig wie bei einer Hauptsacheklage.
Eine mündliche Verhandlung findet meistens nicht statt, es sei denn, der Antragsgegner (so nennen wir den Beklagten im Eilverfahren) beantragt sie im Vorhinein durch eine Schutzschrift. Eine Schutzschrift ist so etwas wie eine “vorbeugende” Klageerwiderung. Weil das Gericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Regel nicht an den Antragsgegner zustellt (wie es bei Klagen aber zwingend wäre), sorgt man durch die Schutzschrift vor. Ist eine Schutzschrift hinterlegt (hierfür gibt es ein bundesweites, zentrales Schutzschriftenregister), terminiert das Gericht im Regelfall eine mündliche verhandlung.
Eine mündliche Verhandlung findet ferner dann statt, wenn sich der Antragsgegner mit einem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung wehrt, nachdem diese erlassen wurde.
Beseitigungsanspruch
Eine für den Anspruchsgegner unangenehme Folge des Unterlassungsanspruchs ist die Beseitigungspflicht. Der Beseitigungsanspruch ist Folge des Unterlassungsanspruchs. Der Verletzer muss sich also auch im Nachgang noch darum kümmern, dass beispielsweise das Internet frei von den zu unterlassenen Rechtsverletzungen ist. Denn sonst wäre es ja “bequem”.
Beispiele:
- Suchmaschinenergebnisse
- Blogs
- Web-Shops
- Werbeanzeigen
Anspruch auf Schadensersatz
Ein weiterer essenzieller Anspruch ist der Anspruch auf Schadensersatz. Stell dir nur vor, du hast jahrelang mühevoll eine Marke aufgebaut. Nun kommt ein Trittbrettfahrer und bietet Plagiate über Amazon an. Die Marge ist für den Markenverletzer meist sehr gut, weil er keine Entwicklungskosten hatte (keine Herstellungskosten).
Wenn er nun “nur” den Unterlassungsanspruch fürchten müsste, wäre es geradezu wirtschaftlich “klug”, fremde – etablierte – Markenrechte durch Plagiate zu verletzen. Das Spielchen könnte man dann so lange durchziehen, bis es der Markeninhaber bemerkt und seinen Unterlassungsanspruch durchsetzt. Durch eine Schutzschrift und diverse prozessuale Mittelchen könnte man dann das Eilverfahren – sofern der Anspruchsteller überhaupt die Dringlichkeitsfrist beachtet hat – ziemlich in die Länge ziehen. Und jeder Tag wäre bares Geld für den Verletzer.