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Gerade im E-Commerce haben Sie sicherlich schon von einer Abmahnung gehört. Wir sehen uns an, welche rechtlichen Voraussetzungen bestehen, damit eine Abmahnung auch wirksam ist.
Welchen Zweck hat eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist in der Regel ein Schreiben (denn sie ist auch mündlich möglich!), mit dem Sie einer anderen Person ein Fehlverhalten vorwerfen. Gleichzeitig fordern Sie die abgemahnte Person auf, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen.
Sinn und Zweck einer Abmahnung ist es, eine Unterlassungsklage zu vermeiden. Sie zeigen also dem Verletzer, wie er sich rechtmäßig zu verhalten hat und geben ihm die Chance, den Streit außergerichtlich zu beenden.
Wir merken uns: Abmahnungen betreffen immer einen Unterlassungsanspruch! Nicht etwa einen Zahlungsanspruch (dann wäre eine Mahnung vermutlich besser geeignet).
Wo kommen Abmahnungen im Recht vor?
Abmahnungen gibt es in den verschiedensten Bereichen unseres Zivilrechts. So zum Beispiel im Arbeitsrecht, wenn ein Arbeitnehmer erheblich gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt.
Ich bin aber im Tech- und Medienrecht zu Hause (natürlich auch im Gewerblichen Rechtsschutz). Und auch da finden Sie Abmahnungen häufig vor. Beispiele:
- Verletzungen des Persönlichkeitsrechts
- Markenverletzungen
- Wettbewerbsverstöße
- Urheberrechtsverletzungen usw.
Was muss eine Abmahnung beinhalten?
Eine Abmahnung besteht im Bereich des geistigen Eigentums immer aus folgenden Elementen:
Parteien
Sie müssen die Parteien genau bezeichnen, also sich selbst zu erkennen geben und auch die abgemahnte Partei benennen
Fehlverhalten (rechtlich) erläutern
Sie müssen Ihrem Gegenüber genau erläutern, wohin das beanstandeten Fehlverhalten besteht. Bloß pauschale Behauptungen genügen nicht. In der Regel erfordert die Abmahnung auch, dass Sie das Fehlverhalten in rechtlicher Hinsicht erläutern. Also: weshalb ist die Verletzungshandlung aus Ihrer Sicht rechtswidrig? Ich empfehle Ihnen hierzu, immer auch die konkreten Normen zu nennen. Sonst könnte die abgemahnte Partei sagen: „Ich kann hier nicht erkennen, was Du mir eigentlich vorwirfst!“
Ernsthafte Unterlassungserklärung fordern
Jetzt kommt das Wichtigste: Sie fordern Ihr Gegenüber auf, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen. Und Sie verlangen eine ernsthafte Unterlassungserklärung. Denn nur eine ernsthafte Unterlassungserklärung beseitigt die Wiederholungsgefahr, die aus dem bereits begangenen Verstoß folgt.
Was ist eine ernsthafte Unterlassungserklärung? Diese besteht aus zwei Kerninhalten:
- Der Anspruchsgegner erklärt Ihnen schriftlich, dass er das Verhalten künftig unterlasst.
- Und er verspricht Ihnen für den Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe.
Bei der Höhe der zu versprechenden Vertragsstrafe ist es wichtig, dass diese nicht zu niedrig ist (z. B. 250,– €…). Denn dann wäre die Unterlassungserklärung wieder nicht ernsthaft. In der Praxis folgen wir fast immer dem sogenannten Hamburger Brauch. Der Abgemahnte überlässt es Ihnen, die Vertragsstrafe „nach billigem Ermessen“ zu bestimmen. Fordern Sie dann bei einem Verstoß zu viel, kann der Anspruchsgegner Ihr Verlangen vor Gericht angreifen.
Frist
Nun haben Sie dem Verletzer noch eine Frist zu setzen, bis zu der er das Verhalten unterlässt und die Unterlassungserklärung abgibt.
Gerichtliche Maßnahmen androhen
Schließlich drohen Sie ihm gerichtliche Maßnahmen an, sollte er Ihrem Verlangen nicht nachkommen.
Muss ich schriftlich abmahnen?
Beachten Sie zudem, dass Sie die Abmahnung schriftlich formulieren in der Regel auch eine vorformulierte Unterlassungserklärung beifügen.
Zwar ist die Abmahnung selbst nicht formbedürftig, könnte also auch mündlich erfolgen. Aber eine Vertragsstrafe als Folge eines erneuten Verstoßes können Sie nur verlangen, wenn sowohl die Unterlassungserklärung als auch Ihre vorhergehende Abmahnung die Schriftform einhalten.
Denn die rechtliche Grundlage für eine Vertragsstrafe ist ein Unterlassungsvertrag. Der kommt durch Angebot und Annahme zustande (wie immer im Zivilrecht). Der Unterlassungsvertrag ist als ein abstraktes Schuldanerkenntnis nach §§ 780, 781 BGB zu werten und bedarf der Schriftform. Nur Ausnahmsweise kann die Schriftform nach § 350 HGB entfallen, wenn beide Seiten Kaufleute sind.
Unterliegt die Unterlassungserklärung einem Formmangel, hätte der Abgemahnte zwar die Wiederholungsgefahr ausgeräumt. Bei einem erneuten Verstoß liegt aber kein wirksamer Unterlassungsvertrag vor. Eine Vertragsstrafe könnten Sie dann nicht fordern.
Waren das alle Voraussetzungen?
Das waren alle generellen Voraussetzungen. Aber bedenken Sie bitte, dass eine Abmahnung in speziellen Rechtsgebieten (zum Beispiel im Wettbewerbsrecht) noch weitere besondere Voraussetzungen hat. So müssen Sie im Wettbewerbsrecht Ihrem Gegenüber genau erläutern, weshalb sich zwei Mitbewerber gegenüberstehen. Das Urheberrecht wiederum schreibt spezielle Voraussetzungen bezüglich der zu erstatteten Anwaltskosten für die Abmahnung vor.
Wie wehre ich Abmahnungen ab?
Vor allem junge Unternehmen, die noch Marktanteile erobern möchten, überschreiten die rechtlichen Grenzen tendenziell häufiger. Mal aus Versehen, mal bewusst (z. B. durch aggressives Marketing). Doch was können Sie gegen eine Abmahnung tun?
Zurückweisung wegen fehlender Originalvollmacht (§ 174 BGB)
Mein Tipp, wenn Sie eine Abmahnung erhalten: Immer sofort checken, ob die Abmahnung Folgendes enthält:
- Originalvollmacht
- vorformulierte Unterlassungserklärung
Fehlen nämlich BEIDE, können Sie die Abmahnung als einseitiges Rechtsgeschäft nach § 174 BGB wegen fehlender Originalvollmacht zurückweisen.
Dazu genügt eine simple E-Mail an die Abmahnerin, sinngemäß:
„… weisen Ihre Abmahnung nach § 174 BGB wegen fehlender Originalvollmacht zurück.“
Die Zurückweisung muss aber unverzüglich erfolgen! Das heißt, dass Sie meist nur wenige Tage Zeit haben (ausnahmsweise 1 Woche, wenn Sie die Abmahnung durch einen Anwalt prüfen lassen).
Die Folge der Zurückweisung nach § 174 BGB: Die Abmahnung ist unwirksam, auch wenn sie eigentlich sachlich gerechtfertigt war. Zumindest die Abmahnkosten haben Sie gespart. Andere Ansprüche, z. B. auf Unterlassung, entfallen damit natürlich nicht! Eine Strafbewehrte Unterlassungserklärung sollten Sie unter Umständen dann gleichzeitig mit der Zurückweisung abgeben, wenn Ihr Verstoß offensichtlich war und Sie nicht planen, den eigentlichen Verstoß anzuzweifeln bzw. zu wiederholen.
„Unclean hands“ Einwand?
Stellen Sie sich die Situation vor: Ihr Konkurrent mahnt Sie aufgrund eines fehlerhaften Impressums ab. Sie entgegnen: „Du machst doch den gleichen Fehler!“ Nützt Ihnen das was?
Normalerweise sagen wir ja so schön: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!“. Im englischsprachigen Recht nennen das Juristen „unclean hands“ Einwand. Zumindest im Wettbewerbsrecht lässt die deutsche Rechtsprechung aber einen solchen Einwand nicht zu.
Ein solcher „unclean hands“-Einwand zieht also nicht. Das Argument der Rechtsprechung: Wettbewerbsrecht schützt nicht nur Konkurrenten, sondern häufig auch die Allgemeininteressen. Eine Abmahnung wegen eines Impressumfehlers dient also nicht nur dem Abmahner sondern auch allen übrigen Marktteilnehmern (denn jeder soll sich auf dem Markt rechtskonform verhalten).
Die Rechtsprechung wörtlich:
„Ein Mitbewerber, der sich [rechtswidrig] … verhält, verliert … nicht den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb. Das Recht des unlauteren Wettbewerbs dient auch dem Schutz von Interessen der Allgemeinheit (§ 1 UWG)“ (BGH, Urt. v. 6.10.2011, I ZR 117/10, Tz. 34 – Delan)
Zusammenfassung
Abmahnungen sind – gerade für Laien – ein Spiel mit dem heißen Eisen. Denn jeder Fehler kann dazu führen, dass Ihre Abmahnung unwirksam ist. Dann hat der Gegner u. U. seinerseits einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für seinen Anwalt – nicht Sie für Ihren!
Wenn Sie Fragen zum Thema Abmahnungen haben, vereinbaren Sie doch einfach ein Gespräch mit mir: