Welches Nutzungsrecht gibt Ihnen ein digitales Kunst-NFT?

digitale NFT kunst nutzungsrechteWelches Recht am digitalen Kunstwerk gibt Ihnen ein NFT?

Was ist ein NFT?

Kurz zur Wiederholung: NFT (Non Fungible Token) sind individuellen Datensätze auf einer Blockchain. Das ist ein dezentral organisiertes Informationssystem, dass nur sehr schwer zu manipulieren ist. Denn es gibt, anders als etwa bei einer Zentralbank, keine Oberinstanz, die die alleinige Entscheidungsbefugnis hat. Dabei handelt es sich praktisch um ein digitales Echtheitszertifikat, dass einen Inhaber eindeutig ausweist. Ein NFT kann mit allen erdenklichen Gegenständen – phyisch oder digital – verknüpft werden (über einen Verweis). Also: Gegenstände, Grunstücke und auch Dateien (z. B. digitale Kunst-Grafikdateien).

Weil es viel zu teuer wäre, ein digitales Kunstwerk in Form einer Grafik Datei direkt als Datensatz auf die Blockchain anzufügen (man sagt „minten“, also „prägen“), erfolgt die Verknüpfung zwischen dem NFT und dem digitalen Kunstwerk immer mit einem Verweis (Link). Die Grafikdatei muss sich dazu auf einem Server befinden. In der Regel ist das das Dateisystem der Plattform, auf der ich das NFT minte (z. B. OpenSea). OpenSea bedient sich dem IPFS (InterPlanetary File System).

Was erwerbe ich, wenn ich ein digitales NFT-Kunstwerk kaufe?

Sehen wir uns an, was für Dinge passieren, wenn Sie ein NFT kaufen.

  1. Die Grafikdatei: Wie schon beschrieben, liegt die Grafikdatei in der Regel bereits vor dem Minten auf einem Server (z. B. IPFS). Entweder der Urheber oder eine andere Person lädt diese Grafik auf den Server.  
  2. Das NFT: Das NFT wird nun „geminted“ und die Serveradresse der Grafikdatei wird dann mit dem erstellten NFT durch einen Link verknüpft.

Ergebnis: Das NFT sagt nun im Wesentlichen: „Die Grafikdatei unter der URL xy gehört Lieschen Müller.“

Nehmen Sie nun Beeples berühmtes Kunstwerk „“Everydays: The First 5000 Days“. Das Kunstwerk wurde in 2021 für 69 Millionen USD als NFT versteigert. Nun könnte ich doch auf die Idee kommen, ein weiteres NFT von genau diesem Kunstwerk  zu minten. Dazu muss ich die genaue Serveradresse wissen. Das ist aber kein Problem ist, da die Daten des original-NFT in der Blockchain von allen Mitgliedern des Kryptonetzwerks einsehbar sind.

Wie unterscheidet sich jetzt das Original-NFT von dem von mir geminteten? Das eine stammt von Beeple (oder der Person der er erlaubt hat, das NFT zu minten), das andere von mir. Das eine stammt von 2021, das andere von 2022. Aber es sind beides vollwertige NFT. Kann dann alleine ein NFT ein Recht zuteilen, mit dem ich alle anderen Personen von der Nutzung des Kunstwerks ausschließen kann? Was wäre denn, wenn ich einfach ein NFT von einem physischen Kunstwerk (das ich eingescannt und auf einen Server geladen habe) minte, ohne den Urheber zu fragen. Bin ich dann auch als NFT-Inhaber berechtigt, alle anderen von der Nutzung auszuschließen?

Diese Fragen sind kompliziert, ich gebe es zu. Aber Sie bekommen nachfolgend Antworten darauf, versprochen!

Bin ich nun „alleiniger Inhaber“ am digitalen Kunstwerk, wenn ich das NFT kaufe?

Dazu müssen wir uns zunächst mal überlegen, wie wir ein NFT rechtlich einordnen können. Dazu wiederum fragen wir uns: Was passiert eigentlich, wenn wir ein NFT kaufen?

Wenn Sie ein NFT kaufen, werden Sie als neuer Inhaber des NFT in der Blockchain vermerkt. Nicht mehr und nicht weniger. Die Grafikdatei befindet sich dann immer noch an der gleichen Stelle, nämlich auf dem Server.

Was dürfen Sie nun mit ihrem NFT machen? Dazu müssen wir uns klarmachen: das NFT ist nicht gleich die Grafikdatei. Es sind zwei unterschiedliche Dinge.

  • Die Grafikdatei liegt auf einem Server und beinhaltet das Kunstwerk
  • das NFT ist ein Datensatz bzw. Code auf der Blockchain

Und nun sehen wir uns an, welche Recht an beiden Sie ggfls. erwerben können:

Eigentumsrecht?

Das NFT ist, wie bereits erklärt ein Datensatz und beinhaltet nicht das Kunstwerk. Es ist nur eine Art Zertifikat, das mit dem Kunstwerk verknüpft ist. Können Sie an Daten ein Eigentumsrecht erwerben, mit dem Sie andere von der Nutzung ausschließen können („absolutes Recht“)? Nein. Denn § 903 BGB sagt, dass Sie Eigentum nur an Sachen (z. B. bewegliche Sachen, Grundstücke) erwerben können. Ein NFT ist aber als Datensatz nicht vom Eigentum umfasst.

Das Gleiche gilt übrigens für die Grafikdatei, also das Kunstwerk. Auch das ist – anders als ein physisches Gemälde – nur ein Datensatz. Egal ob sich die Datei im IPFS, auf einem FTP-Server oder auf Ihrer Festplatte befindet: Sie erwerben kein Eigentum daran.

Recht am Wertpapier?

Auch als Wertpapier kommt das NFT nicht infrage, weil Wertpapiere ja gleichartig (fungibel) sind. NFT sind aber gerade nicht-fungibel, also nicht austauschbar.

Urheberrecht?

Jetzt kommen wir der Sache schon viel näher. Auch wenn Daten nicht durch das Eigentumsrecht geschützt sein können, können digitale Kunstwerke (also Grafikdateien) urheberrechtlich geschützt sein. Genau genommen nicht die Datei, sondern das geistige Werk, das darin verkörpert ist. Urheber ist dabei immer der, der das Werk hergestellt hat. Er hat dann das Urheberrecht und kann damit andere von der Nutzung ausschließen. Sie sehen: auch das Urheberrecht ist ein „absolutes Recht“, also ein Ausschlussrecht.

Ein Urheberrecht am NFT selbst könnte denkbar sein, weil ja auch Code urheberrechtlich geschützt ist. Uns interessiert aber nicht primär der Code in der Blockchain sondern uns interessiert das Kunstwerk, also die Grafikdatei. Wir müssen somit klar zwischen der Grafikdatei und dem NFT unterscheiden. Das NFT – als „Stückchen Code“ führt nicht zu einem Ausschlussrecht in Bezug auf die Grafikdatei. Denn nur weil ich möglicherweise ein Urheberrecht oder ein Nutzungsrecht am NFT habe, habe ich das noch lange nicht am digitalen Kunstwerk. Das einzige, was uns im Zusammenhang mit dem digitalen Kunstwerk, also der Grafikdatei, hilft, wäre ein Nutzungsrecht am Kunstwerk.

Wenn Sie Ihr digitales Kunstwerk im Internet mit anderen teilen oder als Twitter Avatar nutzen möchten, benötigen Sie mindestens das Recht zum Vervielfältigen und Verbreiten und das Recht zum öffentlichen Zugänglichmachen.

Doch wie erwerbe ich das? Ganz einfach durch Vertrag (Lizenzvertrag bzw. Nutzungsrechteeinräumung) mit dem Urheber oder jemandem, der das Recht vom Urheber ableitet.

Wie funktioniert der Erwerb von Nutzungsrechten genau?

Das deutsche Urheberrecht setzt für eine Nutzungsrechteeinräumung einen Vertrag vorausDas führt uns zur entscheidenden Frage: Ist der Kauf eines NFT ein solcher Vertrag über Nutzungsrechte?

Versuchen wir, einige Szenarien durchzuspielen:

Konstellation 1: Zu Nutzungsrechten ist nichts geregelt

Angenommen, Sie kaufen ein digitales Kunstwerk als NFT, und es ist bezüglich der Nutzungsrechte überhaupt nichts vereinbart oder geregelt. Dann gilt im Urheberrecht die so genannte Zweckübertragungstheorie, § 31 V UrhG. Denn Nutzungsrechte können beim jedem Geschäft, das ein urheberrechtliches Werk betrifft, auch stillschweigend eingeräumt werden. Aber: Es kommt auf den Zweck des Vertrags an. Und im Zweifel verbleiben Urheberrechte immer so weit wie möglich beim Urheber.

Ist also gar nichts geregelt, dann werden sie beim Kauf eines digitalen Kunstwerks im Zweifel noch nicht mal das Recht erhalten, die Grafikdatei aus dem IPFS auf Ihren privaten Rechner herunterzuladen. Über § 53 UrhG dürfen Sie es dann aber zum Glück doch herunterladen, denn das ist die Schranke der zulässigen „Privatkopie“.

Keinesfalls dürften Sie das Kunstwerk dann als Avatar in Twitter verwenden oder auf einen Blog etc. laden. Denn dann würden Sie es nach § 19a UrhG öffentlich zugänglich machen. Dies steht aber ohne einer entsprechenden Rechteeinräumung nur dem Urheber zur.

Konstellation 2: Mit dem NFT erwerben Sie auch Nutzungsrechte

Beispiel:
Sie können in einem Smart Contract urheberrechtlichen Nutzungsbefugnisse mitübertragen. Nach der zivilrechtlichen Rechtslage aber wäre eine solche Rechteeinräumung möglicherweise gar nicht zulässig. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn der NFT-Kauf unwirksam ist, weil eine der Parteien minderjährig ist.

Oder stellen Sie sich den Fall vor, dass gar nicht der Urheber selbst sein digitales Kunstwerk als NFT mintet sondern eine Person, die dazu nicht berechtigt ist. Wenn das der Fall ist, und Sie kaufen das NFT mit „Nutzungsrechten“, haben Sie am Ende … genau: NICHTS erworben als ein wertloses Zertifikat ohne jegliches Nutzungsrecht. Denn die Rechtekette muss von Ihnen lückenlos bis zurück zum Urheber gehen.

Alles liegt der Fall, wenn Sie mit dem Kauf eines NFT auch urheberrechtliche Befugnisse erwerben, wenn dieser Rechteerwerb also beispielsweise im Smart Contract mit eingeschlossen wird.

Was ist ein Smart Contract? Das ist eine unveränderliche Code-Sequenz, die feste, automatische Abläufe beinhaltet. Wenn eine oder mehrere Bedingungen erfüllt sind, folgt eine Aktion. Es kann z. B. programmiert sein, dass bei einem Verkauf der Inhaberwechsel am NFT vollzogen wird, sobald die Kryptowährung geflossen ist.

Ein Smart Contract ist kein Vertrag im rechtlichen Sinn. Der Inhalt eines „echten“ Vertrags, wie Sie ihn aus dem Zivilrecht kennen und dessen Pflichten Sie auch gerichtlich durchsetzen können, wird durch objektive Auslegung ermittelt. Heißt: Wie würde ein objektiver Betrachter die Erklärungen der Vertragsparteien verstehen? Damit wird der Inhalt des Vertrags ermittelt.

Wenn die echte Rechtslage von den Folgen der Ausführung eines Smart Contracts abweicht, können diese Folgen – notfalls mit gerichtlicher Hilfe – rückabgewickelt werden.

Aber Vorsicht: ein Smart Contract ist kein Vertrag im rechtlichen Sinne. Das heißt, dass die Rechtslage von den Aktionen des Smart Contracts abweichen kann.

Fazit

NFT sind kein Allheilmittel. Sie lösen insbesondere nicht das Problem, dass es im Urheberrecht meistens schwierig ist, genau zu wissen, wer welche Recht hat – oder nicht hat. Im Gegenteil. Kunst NFT beinhalten erhebliche rechtliche Risiken.

Die einzige Möglichkeit, auf Nummer sicher zu gehen, besteht darin, NFT von äußerst seriösen Quellen zu kaufen. Am besten, Sie kennen den Urheber/die Urheberin persönlich bzw. können nachvollziehen, dass Sie

  • mit dem NFT-Kauf auch die nötigen Nutzungsrechte erwerben und
  • dass der NFT-Verkäufer befugt ist, Ihnen diese Rechte einzuräumen

Fragen zu diesem Thema? Schreiben Sie sie  gerne in die Kommentare!

Das könnte Dir auch gefallen

Über den Autor Dr. Max Greger

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert