Einhaltung der Schriftform durch Scan oder E-Mail in 2021?

schriftform scan e-mailKönnen Sie die in einem Vertrag vorgeschriebene „Schriftform“ auch durch einen Scan oder eine E-Mail einhalten? Erfahren Sie es hier in wenigen Minuten! 

Stellen Sie sich vor, Sie möchten einen Handyvertrag kündigen. Unglücklicherweise steht in den AGBs ein Satz, der Sie stutzig werden lässt:

„Wir akzeptieren nur schriftliche Kündigungen.“

Heißt das, dass Sie tatsächlich das entsprechende Kündigungsformular händisch ausfüllen, unterschreiben und dann per Post an den Anbieter senden müssen? Das wäre ärgerlich, denn Sie würden das Kündigungsformular viel lieber ausfüllen, einen Scan anfertigen und per E-Mail an den Anbieter senden. Oder gar gleich eine formlose E-Mail. Genügt das der Schriftform, wie sie in den AGBs festgelegt wurde?

1. § 126 Abs. 1 BGB – Gesetzliche oder vereinbarte Schriftform

Der Grundsatz bei normalen Rechtsgeschäften lautet: Kein Formzwang! Das bedeutet, dass Verträge schriftlich, mündlich aber auch stillschweigend geschlossen werden können, außer, das Gesetz ordnet etwas Spezielles an (z. B. die Notarielle Beurkundung bei der Schenkung).

Gewillkürte Schriftform darf aber durch die Parteien eines Vertrags auch für gewöhnliche Verträge (z. B. Kaufvertrag) vereinbart werden. Das ist auch im Rahmen von AGBs möglich.

2. Ausnahmen von der Schriftform für Scan oder E-Mail?

Falls die Parteien (z. B. in den AGBs) Schriftform vereinbart haben, gilt zunächst § 126 Abs. 1 BGB. Danach „muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift … unterzeichnet werden.“ Dafür genügt keine E-Mail und kein Scan. Der Erklärende muss das Schriftstück eigenhändig unterzeichnen und entweder per Post oder per Telefax übermitteln.

Aber nach § 127 Abs. 2 BGB hilft zum Glück eine sog. „Formerleichterung“ weiter:

(2) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel.

Trotz der in § 126 Abs. 1 BGB statuierten Schriftform ist also auch eine Erklärung per E-Mail oder Scan möglich. Auch gegenseitige Verträge können per E-Mail oder mit gescannten Dokumenten geschlossen werden, auch wenn das der Wortlaut nicht so eindeutig sagt. Denn unter „Briefwechsel“ ist hier nicht nur der klassische Brief in Papierform mit eigenhändiger Unterschrift gemeint, sondern auch alle erdenklichen elektronischen Formen (Angebot und Annahme müssen insbesondere nicht in der gleichen Form erfolgen).

3. Bei Zweifeln bleibt es bei der Schriftform nach § 126 BGB

§ 127 Abs. 2 BGB sagt, dass die Erleichterung nur greift, „soweit nicht ein anderer Wille“ anzunehmen ist. Das muss im Einzelfall geprüft werden. Pauschal ist meiner Meinung nach nicht ein entgegenstehender Wille zu unterstellen. Ein aktueller Beschluss des OLG München (23 U 3798/11) zeigt jedenfalls, dass eine Kündigung per EMail der Schriftform genügen kann.

4. Nachträgliche Beurkundung

Wird ein Vertrag per Scan oder E-Mail entgegen dem Erfordernis der Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) geschlossen, kann allerdings jede Partei nachträglich verlangen, dass die Erklärung(en) nachträglich in Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) bestätigt wird. Das hat aber keine Auswirkung auf den Zeitpunkt, in dem die Erklärung wirdkam wird.

Fazit: Ein Handyvertrag kann derzeit (2021) dank § 127 Abs. 2 BGB trotz der in den AGBs geregelten „Schriftform“ per E-Mail oder durch ein eingescanntes Formular gekündigt werden!


Hinweis: In AGBs gilt seit 1.10.2016 „Textform“ statt Schriftform! Im Rahmen von AGBs gilt – jedenfalls bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern – seit 1. Oktober 2016 gemäß § 309 Nr. 13 BGB: AGBs dürfen für Erklärungen nicht mehr die Schriftform, sondern nurmehr noch die „Textform“ (§ 126b BGB) vorschreiben (dazu zählen u.a.: E-Mail, Fax, Scan)! Damit hat der Gesetzgeber das, was bisher ohnehin schon durch die Gerichte entschieden war, gesetzlich geregelt. Zwischen Unternehmern (B2B) dürfen AGBs allerdings auch strengere Formen vorschreiben (z. B. die Schriftform) – § 309 Nr. 13 BGB gilt im B2B-Bereich nicht unmittelbar und hat hier auch keine Indizwirkung.

Beitragsfoto: © nmann77 / Fotolia

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Über den Autor Dr. Max Greger

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  1. Wie ist es denn, wenn in einer Vereinssatzung steht:
    Der Vorstand hat den Ortsvereinen mindestens vier Wochen vor dem Termin
    für die Mitglieder-Hauptversammlung Zeit, Ort und Tagesordnung schriftlich bekannt zu geben.
    Gilt es als „schriftlich“, wenn alle eindeutig zuordenbare Emailkonten haben, die Einladung per Email bekommen? Es sind ja keine Verträge. Sind solche analogen Schlüsse OK?

    1. Hallo Herr Heidland,
      ja, das ist prinzipiell möglich (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24.09.2015, Az. 27 W 104/15). Allerdings kann ich Ihre Frage nur pauschal beantworten. Ihre Vereinssatzung und die konkreten
      Begleitumstände könnten im Einzelfall auch zu einem anderen Ergebnis führen.
      BG Maximilian Greger

  2. The Grunbuch for my house says: “ Der Verwalter hat die Wohnungseigentuemersammlung einmal in jedem Wirtschaftsjahr unter Angabe der Tagesordnung schriftlisch einzuberufen. Fuer die Ordnungsgemaesigkeit der Einberufung genuegt die absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von Wohnungseigentuemer zuletzt mitgeteilt worden ist. “
    Under what conditions can the paper invitation be substituted by email, if at all?

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