Stellen Sie sich vor, Sie entwickeln ein neues Geschäftsmodell und möchten eine neue Marke international entwickeln. Ihr Ziel: eine einzige Wortmarke in einer Vielzahl von Ländern etablieren, ohne von Dritten Ärger durch ähnliche, ältere Zeichen zu bekommen. Ich zeige Ihnen, wie Sie am effizientesten vorgehen, um später kostspielige rechtliche Fehler zu vermeiden.
Schritt: Brainstorming
Die erste Aufgabe hat noch nichts mit uns Juristen zu tun. Es geht darum, zunächst mal eine Liste an potentiellen Markennamen zu entwickeln (“Longlist“). Das erledigt in der Regel eine Agentur. Zwingend ist das aber nicht, denn ich habe schon sehr starke Marken erlebt, die die Gründer selbst entwickelt haben.
„Apple“ für Obst und Gemüsewaren wäre glatt beschreibend. Denn dann würde die Marke das beschreiben, was sie schützt. Das Zeichen „Apple“ ist dagegen für Smartphones und Computer oder Software keineswegs beschreibend, sondern unterscheidungskräftig.
Bereits an dieser Stelle ist es aber sinnvoll, den Grundsatz zu beachten, dass Marken unterscheidungskräftig sein müssen. Unter Unterscheidungskraft verstehen Juristen die Eigenschaft einer Marke, die es Verbrauchern oder Marktteilnehmern ermöglicht, die mit der Marke geschützten Waren und/oder Dienstleistungen von denen anderer Hersteller zu unterscheiden.
Schritt: Von der Longlist zur Shortlist
Sortieren Sie nun aus dieser Longlist die für Sie passendsten Begriffe aus. Hier spielen immer noch Marketinggesichtspunkte eine entscheidende Rolle. Ein Grundsatz für Marken lautet:
So beschreibend wie möglich aber noch so unterscheidungskräftig wie nötig.
Das Ergebnis: eine “Shortlist” einiger Begriffen (3-5 Stück sollten übrig bleiben).
Schritt: Cross Knockout Search
Um nun effektiv Fehler zu vermeiden, unterziehen Sie diese Shortlist einer ersten weltweiten Identitätsrecherche (Knockout Search). Das Ziel: Offensichtliche ältere identische Marken finden, die in einem der gewünschten Schutzgebiete entgegenstehen können.
Zudem sollten Sie auch Handelsregister und Domainregister (für das gesamte Schutzgebiet) sowie die Suchmaschine “Google” bemühen.
Schritt: Die enge Auswahl
Raffiniert ist die Suche mit sog. Platzhaltern und Operatoren. Ob die jeweilige Suchmaschine das anbietet, finden Sie dort jeweils in der Hilfe.
Spätestens jetzt kommen aber rechtliche Erwägungen ins Spiel. Welche der verbliebenen Handvoll potentieller Marken nun das Rennen macht, ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch des Risikos im Hinblick auf mögliche ältere Rechte Dritter.
Da Sie ja bereits eine Identitätsrecherche durchgeführt haben, geht es jetzt noch um die Ähnlichkeit. Denn auch ähnliche ältere Marken können Ihre Anmeldung zunichte machen. Probieren Sie in der Suche des jeweiligen Registers doch auch mal ähnliche Zeichen. Tauschen Sie ein oder mehrere Vokale aus.
Nehmen wir nun an, Sie finden im Markenregister keine älteren Rechte Dritter, ist die Suche aber noch nicht beendet. Sie tun dann bitte das, was man fast täglich tut: Googeln. Denn ältere entgegenstehende Rechte können sich nicht nur aus eingetragenen Marken ergeben, sondern auch aus Namens- und Unternehmenskennzeichenrechten.
Das Namensrecht ist das Recht am Namen einer natürlichen Person oder der Firma eines Einzelkaufmanns, das Unternehmenskennzeichen ist das im Markengesetz geregelte Schutzrecht an der Bezeichnung eines Unternehmens. Wenn Sie beispielsweise Ihr Softwareprodukt „Xylophon“ nennen und finden Sie keine entsprechende ältere Marke, jedoch ein Unternehmen namens „Xylophon“ in Google, das ebenfalls Software herstellt, stünde das Unternehmenskennzeichen dieses Unternehmens Ihrer gewünschten Markenanmeldung mit Sicherheit entgegen. Noch mehr Sicherheit erhalten Sie, wenn Sie nicht nur googeln, sondern auch das Handelsregister durchsuchen.
Schritt: Die Markenanmeldung
Wenn Sie nun eine oder zwei Marken übrighaben, die auch nach einer ersten Recherche nicht gegen Rechte Dritter zu verstoßen scheinen, kommt es darauf an: Möchten Sie maximale Risikominimierung? Dann sollten Sie jetzt eine professionelle Ähnlichkeitsrecherche beauftragen. Oder möchten Sie sich das Geld sparen? Dann melden Sie die Marke direkt an.
Die letztgenannte Option ist nicht per se schlecht. Gerade bei sehr fantasievollen Bezeichnungen oder sehr individuellen Namen (z. B. Max Greger Musikverlag) können Sie sich relativ sicher sein, dass sie nicht gegen ähnliche ältere Zeichen verstoßen.
Wenn es aber eine „trendige“ Marke sein soll, empfehle ich auf alle Fälle eine professionelle Ähnlichkeitsrecherche. Rein für den deutschen Markt ist das nicht sonderlich teuer (kostet einige Hundert Euro). Für den gesamten Markt der Europäischen Union mit seinen 27 Mitgliedstaaten ist man aber gleich mit einem mittleren vierstelligen Betrag dabei. Denn nicht nur das Register des EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum) gilt es zu durchsuchen, sondern auch sämtliche einzelne Register der 27 Mitgliedstaaten. Handelt es sich um eine Bildmarke, liegen Sie sogar im fünfstelligen Bereich für eine solche Recherche.