Bietest du Online-Kurse an? Möglicherweise über Copecart oder Digistore24? Dann könnte dir das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) Ärger bereiten. Das kann dazu führen, passieren, dass bestimmte Verträge in Bezug auf einen Online-Kurs unwirksam sind und du erhaltenes Geld wieder erstatten musst.
Inhalt dieser Seite
- 1 Verträge über Online-Kurse
- 2 Wo liegt nun das Problem?
- 3 Stichwort: staatliche Zulassung!
- 4 Die Rechtsfolge der Nichtigkeit
- 5 Gibt es Ausnahmen?
- 6 Gilt das FernUSG auch im Ausland?
- 7 Weiterer Aspekt: Inhalt und Form des Vertrags
- 8 Informationspflichten wie bei B2C-Fernabsatzvertrag
- 9 Kündigung
- 10 Sanktionen bei Verstößen
- 11 Max, wie kann ich die Zulassungspflicht nach dem FernUSG vermeiden?
- 12 Update: Digistore24 reagiert
- 13 Max, kannst du mir individuell helfen?
Verträge über Online-Kurse
Was ein Online-Kurs in etwa ist, kannst du dir sicher denken. Du vermittelst Wissen oder Fähigkeiten über das Internet. Der Markt für online-Kurse boomt. Beliebte Themen:
- Marketing
- Fitness
- Geldanlage
- Verhandeln und Verkaufen
- Kochen
- Gartenarbeit
- und und und.
Es gibt fast nichts, für das es nicht einen Online-Kurs gibt. Sogar DIY-Kurse für AGB-Erstellung, Markenanmeldung und Datenschutz (kein Scherz).
Wo liegt nun das Problem?
Das Problem besteht darin, dass viele dieser Verträge über Online-Kursevon Anfang an nichtig sind. Die Konsequenz: Menschen haben Onlinekurse in Anspruch genommen, verlangen dann aber den vollen Preis zurück.
Bei nichtigen Verträgen können Kunden bezahlte Vergütungen in der Regel ohne Probleme nach § 812 BGB nach dem Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern. Denn es fehlt ja der Vertrag als Grundlage dafür, dass der Anbieter das Geld behalten darf.
Stichwort: staatliche Zulassung!
Nach § 7 Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), von dem auch du vielleicht noch nicht gehört hast, ist ein solcher Vertrag über einen Online-Kurs nichtig, wenn keine staatliche Zulassung vorliegt:
Ein Fernunterrichtsvertrag, der von einem Veranstalter ohne die nach § 12 Abs. 1 erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs geschlossen wird, ist nichtig.
Heißt für uns: wir müssen uns ansehen, um was es sich bei dieser erforderliche Zulassung handelt. Das ergibt sich aus § 12 FernUSG, in dem steht:
Fernlehrgänge bedürfen der Zulassung.
Jetzt definiert zwar das Gesetz den Fernlehrgang nicht separat. Gemeint ist aber das gleiche wie mit Fernunterricht. Die Konsequenz: wir müssen uns jetzt noch nicht ansehen, wie eine solche Zulassung funktioniert. Fakt ist: auf das Vorliegen des Fernunterrichts kommt es an.
Maßgeblich hierfür ist § 1 FernUSG:
Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der
1. der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und
2. der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.
Wir haben hier also im Prinzip 3 Komponenten:
- Die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
- Anbieter und Teilnehmer sind ausschließlich oder überwiegend „räumlich getrennt“
- der Anbieter überwacht den Lernerfolg
a) Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
Nehmen wir einen gewöhnlichen Online-Kurs zum Thema Marketing. Ohne Zweifel vermittelst du mit einem solchen Kenntnisse und Fähigkeiten (Kenntnisse zum Thema Marketing).
b) Ausschließliche oder überwiegende räumliche Trennung
Bei einem Online-Kurs bist du als Anbieter auch nahezu ausschließlich von den Teilnehmern räumlich getrennt. Hier müssen wir aber aufpassen:
Beispiel: Eine räumliche Trennung besteht bei dem Konsum von Lehrmaterialien (Bücher, Unterlagen, Videos), nicht aber bei virtuellen Klassenzimmern in Echtzeit bzw. Einem Live-Training.
Mit überwiegend meint das Gesetz übrigens mehr als 50 %.
Ein virtuelles Live-Verhandlungstraining bei dem alle Teilnehmenden und der/die Lehrende(n) zum gleichen Zeitpunkt kommunizieren, ist nicht räumlich getrennt (obwohl die Teilnehmenden theoretisch über den ganzen Erdball verteilt sein könnten. Dazu sagt das ZFU wörtlich in seinem Glossar:
Bei einem „virtuellen Klassenzimmer / online-Seminar“ ist jederzeit ein Kontakt wie in Präsenzveranstaltungen möglich, so dass eine „räumliche Trennung“ i. S. des Gesetzes nicht gegeben ist, obwohl Lernende und Lehrende sich an unterschiedlichen Orten aufhalten.
c) Überwachung des Lernerfolgs
Jetzt kommen wir zur schwierigen Voraussetzung: du als Anbieter musst den Lernerfolg überwachen, damit das Gesetz anwendbar ist.
Jetzt könntest du behaupten: „Naja, ich biete doch keine Kontrollklausuren an!“
Hier ist aber die Rechtsprechung sehr streng: eine Lernerfolgskontrolle nimmt sie schon dann an, wenn du deinen Teilnehmenden vertraglich die Möglichkeit bietest, dass sie Fragen stellen und sie durch die Antworten selbst ihren Lernerfolg überprüfen können:
…wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, zum Beispiel in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten. (BGH, Urteil vom 15.10.2009 – Aktenzeichen III ZR 310/08)
Das heißt, die Rechtsprechung geht von einer Lernerfolgskontrolle auch dann aus, wenn der Vertrag bzw. das Angebot eine solche gar nicht ausdrücklich erwähnt!
Nach dem BGH wird dies noch dadurch verstärkt, wenn der Anbieter ein Zertifikat ausstellt oder seine Teilnehmenden anschließend als Absolventen bezeichnet.
Merke dir folgende nicht abschließende Indizien für eine „Lernerfolgskontrolle“:
- Zertifikat,
- Absolventen,
- Studium,
- Lehrgang oder
- Akademie
Die Rechtsfolge der Nichtigkeit
Soweit der Vertrag nach § 7 nichtig ist, bedarf er keiner Kündigung oder eines Widerrufs. Der Vertrag ist von Anfang an als nicht existent zu betrachten. Etwaige gezahlte Vergütungen kann jeder Teilnehmer nach § 812 BGB zurückfordern.
Übrigens: Selbst wenn du ursprünglich eine Zulassung hattest, diese aber nachträglich wegfällt, hat dein Teilnehmer ein Recht zur fristlosen Kündigung (§ 7 FernUSG)
Gibt es Ausnahmen?
Ja. Zum einen trifft dich nach § 12 I 3 FernUSG keine Pflicht zur Zulassung, wenn es sich um Kurse handelt, die
- der Freizeitgestaltung oder
- der Unterhaltung dienen.
Zum anderen sind diese nach § 1 FernUSG nur auf entgeltliche Verträge über Fernunterricht anwendbar. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn das Gesetz auch unentgeltliche Verträge ausdrücklich einschließt. Das gilt aber in der Regel nicht für die Pflicht zur Zulassung.
Gilt das FernUSG auch im Ausland?
Nehmen wir an, du bist ein Kursanbieter in der Schweiz oder in Österreich. Dann kommt es darauf an:
- Kunden sind Verbraucher:
Wenn du dein Programm an Verbraucher in Deutschland richtest, musst du das FernUSG beachten. Denn zwingende verbraucherschützende Normen gelten auch für dich als ausländischer Betreiber, selbst wenn du ausländisches Recht vereinbarst. - Kunden sind Unternehmer:
Wenn du dein Programm an Unternehmer in Deutschland anbietest, gilt das FernUSG nicht, solange du ausländisches Recht vereinbarst (z. B. durch AGB)
Weiterer Aspekt: Inhalt und Form des Vertrags
Eine weitere sehr einschneidende besteht darin, dass du nach § 3 FernUSG Verträge über Fernunterricht immer in Textform schließen musst (mündliches abschließen am Telefon ist nicht möglich!).
Zudem muss der Vertrag zwingend folgendes beinhalten:
- die Art und Geltung des Lehrgangsabschlusses,
- Ort, Dauer und Häufigkeit des begleitenden Unterrichts,
- Angaben über die vereinbarten Zeitabstände für die Lieferung des Fernlehrmaterials,
- wenn der Fernunterrichtsvertrag die Vorbereitung auf eine öffentlich-rechtliche oder sonstige externe Prüfung umfasst, auch die Angaben zu Zulassungsvoraussetzungen.
Zur Wiederholung: Es geht hier um Verträge über Fernunterricht im Sinne von § 1 FernUSG wenn u. a. eine überwiegende Asynchronität (das Gesetz spricht von „räumlicher Trennung“) vorliegt.
Informationspflichten wie bei B2C-Fernabsatzvertrag
Und jetzt kommt der Hammer: auch wenn du Verträge über Fernunterricht mit Personen schließt, die keine Verbraucher sind, gelten die Regelungen des BGB und EGBGB über Fernabsatzverträge entsprechend. Das umfasst insbesondere:
- Widerrufsrecht
- Informationspflichten (Button-Lösung, Kündigungsbutton)
- unverzügliche Vertragsbestätigung
Kündigung
Jeder Teilnehmer kann den Fernunterrichtsvertrag nach § 5 FernUSG ohne Angabe von Gründen kündigen. Die Frist zur Kündigung beträgt
- zum Ablauf des ersten Halbjahres nach Vertragsschluss: 6 Wochen
- nach Ablauf des ersten Halbjahres: 3 Monate.
Kündigt dein Teilnehmer, muss er nur den Anteil des Gesamtpreises bezahlen, der dem Teil des in Anspruch genommenen Fernunterrichts entspricht.
Sanktionen bei Verstößen
§ 21 FernUSG enthält Bußgeldvorschriften für den Fall, dass du gegen bestimmte Pflichten aus diesem Gesetz verstößt, z. B. die Pflicht zur Zulassung.
Max, wie kann ich die Zulassungspflicht nach dem FernUSG vermeiden?
Ich kann dir hier keine generelle Garantie geben, weil es immer auf den Einzelfall ankommt. Aber hier eine kleine Checkliste, denn es gibt 5 alternative Ausschlusskriterien
- Kostenfrei? Bei kostenfreien E-Learhings bist du safe und brauchst keine Zulassung.
- mindestens 50% des Kurses ist „live“? Wenn 50% und mehr der gesamten Kurszeit (inklusive Selbststudium) aus Unterricht/Coaching besteht, bei dem Lehrer/Coach und Teilnehmer zeitgleich (synchron) anwesend sind (auch remote möglich!) zählt das nicht als „Fernunterricht“
- Keine Lernerfolgskontrolle: bei reinen Selbstlernkursen kannst du vertraglich jede Lernerfolgskontrolle ausschließen.
- Unterhaltung & Freizeit: Derartiger Fernunterricht ist von der Zulassungspflicht ausgenommen. Achtung: es gilt in diesem Fall zumindest eine Mitteilungspflicht gegenüber der zfu!
- Ausländisches Recht: wenn du als Anbieter im Ausland sitzt, kannst du mit Unternehmern (nicht mit Verbrauchern!) ausländisches Recht vereinbaren. Das FernUSG gilt dann nicht.
Update: Digistore24 reagiert
Digistore24 hat Anfang Mai 2023 ein Statement zum FernUSG an seine Kunden versendet und stellt nun auf seiner Website Informationen zum FernUSG bereit.
Max, kannst du mir individuell helfen?
Wenn du Unterstützung im Zusammenhang mit deinem Onlinekurs benötigst (AGB, Widerrufsbelehrung, Zulassung, Vertrag) melde dich gerne für ein kostenfreies Erstgespräch zum Kennenlernen:
– oder Anfrage über das Kontaktformular senden –
Wie kann ich das in meine AGBs ergänzen?
Z. B. mich oder einen anderen Anwalt beauftragen der dich da unterstützt?
Ganz interessant. Ich glaube dass das 99% der Anbieter nicht bekannt ist. Gibt es auch nur in Deutschland vermute ich. Ich habe einige fragen hierzu
Wenn man Live Calls anbietet, und die Teilnehmer können die zeitlich begrenst später ansehen wenn sie mal nicht live dabei sein können, ist es nach meiner Sicht überwiegend nicht raumlich getrennt. Da das Ziel ist das grosste Teil live anwesend zu sein. Stimmt das? Wenn niemand beim Live Call anwesend ist, gibt es sowieso keine Aufzeichnung
Und eine Facebook Gruppe, als Unterstützung, worin man nicht oft anwesend ist, wieviel zählt das anteilig zum ganzen Programm relativ zu Live Calls? Das Schwerpunkt sind die Live Calls
Das staatliche zfu fördert online Zugang zum Kurs!? Kann man das irgendwie verweigern? Wieso brauchen sie das, ein Outline sollte doch reichen um fest zu stellen worum es geht?
Ich denke, bald werden es (fast) alle wissen 😉
Hallo!
Das ist ja in der Tat ein Hammer!
Das heisst also, dass ich für meine Online-Kurse, die über mehrere Wochen gehen und auch modulweise freigeschaltet werden, eine Zulassung benötige?
Auch dann, wenn es nur Videos sind, die nach und nach freigeschaltet werden und meine Kunden das quasi in Eigenverantwortung und Selbststudium machen? Ich „überwache“ Sie dabei nicht – aber sie können per E-Mail Fragen stellen. Heisst, dass, das wenn ich keinen Support anbiete ich befreit bin von der Zulassung? Oder anderds gefragt: Wie muss ich meine Online-Kurse erstellen/aufbauen, damit ich damit weiter Geld verdienen kann aber KEINE Zulassung benötige und ich auch vor Klagen geschützt bin. Gibt es das letztendlich überhaupt? Was ist mit den ganzen Coaches dieser Welt (in dieses Gesetz gilt) und diejenigen, die sich in der Corona-Zeit so ein Business aufgebaut haben um wenigstens ein wenig Geld zu verdienen?
Viele Grüße
Stephan
Ja genau. Du brauchst höchstwahrscheinlich eine Zulassung oder erhöhst den 1:1 Anteil. Wenn du genaue Hilfe im Rahmen eines Mandats dazu benötigst, wie du deinen Kurs aufbauen musst, melde dich für einen Termin bei mir.
Danke!