Auch Live-Calls sind räumlich getrennt nach § 1 FernUSG (LG Nürnberg-Fürth)

fernusg urteil lg nürnberg fürthAm 19.12.2023 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az.: 13 O 2839/23) gegen die Copecart GmbH und deren Geschäftsmodell entschieden, dass auch „live“-Videos räumlich getrennt im Sinne des FernUSG (Fernunterrichtschutzgesetz) ist. Copecart wurde verurteilt, die komplette Vergütung für das Coaching-Programm zurückzuzahlen (📌 Link zum Urteil).

Auch B2B unterliegen dem FernUSG

Das LG Nürnberg-Fürth bestätigte zum einen die Anwendbarkeit des FernUSG auch auf B2B-Verträge, wodurch die meisten Coaching-Verträge nichtig wären. Das Gericht führt aus:

Fernlehrgänge bedürfen gemäß § 12 Absatz 1 S. 1 FernUSG der Zulassung. Gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG ist ein Fernunterrichtsvertrag, der ohne die nach § 12 Abs. 1 FernUSG erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs geschlossen wird, nichtig. Die Anwendbarkeit des FernUSG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin den Coachingvertrag als Unternehmerin und nicht als Verbraucherin abgeschlossen hat. Denn es ist unerheblich, ob der „Lernende“ im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG als Unternehmer oder Verbraucher gehandelt hat. Das FernUSG findet nicht ausschließlich auf Verbraucher Anwendung.

Auch Live-Calls (Video/Telefon) sind räumlich getrennt

Noch gravierender ist aber, dass sich das Gericht ausdrücklich der zweifelhaften Ansicht des LG Hamburg (Urteil vom 19.07.2023) anschließt.

Das LG Hamburg hatte entschieden, dass selbst die synchron stattfindende Videoübertragung von Unterricht, 1:1 Gespräche per Video oder sogenannte Gruppen-Calls als „räumlich getrennt“ nach § 1 FernUSG gelten.

Danach wäre es nicht mehr möglich, Online-Kurse ohne Zulassung durch die ZFU anzubieten. Denn selbst wenn die synchronen Anteile die asynchronen Anteile der Wissensvermittlung überwiegen, würde nach dieser Rechtsprechung auch der synchrone Unterricht als räumlich getrennt gelten. Die aktuell von der ZFU selbst angewendete Unterscheidung zwischen synchron und asynchron wäre nach dieser Entsprechung obsolet.

Ist das Urteil maßgeblich (Präzedenzfall)?

Sowohl das Urteil des LG Hamburg als auch dieses Urteil des LG Nürnberg-Fürth sind keine Präzedenzfälle. Jedes andere Landgericht oder Oberlandesgericht kann abweichend entscheiden.

Nein! Dementsprechend gibt es auch Urteile, die die Rechtslage völlig anders sehen:

  • OLG Köln, Urteil vom 6.12.2023 – Az. 2 U 24/23: FernUSG nicht auf B2B-Verträge anwendbar
  • LG Arnsberg, Hinweisbeschluss v. 15.12.2023 – Az. I-4 O 101/21: FernUSG nicht auf B2B-Verträge anwendbar (unter Hinweis auf das Urteil des OLG Köln)
  • KG Berlin, Hinweisbeschluss vom 22.06.2023 (Az. 10 U 74/23): FernUSG nicht auf B2B-Verträge anwendbar
  • LG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.9.2023 (Az. 2-21 O 323/21): FernUSG nicht auf B2B-Verträge anwendbar

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Seite erstellt von Dr. Max Greger am 10. Januar 2024 (zuletzt aktualisiert: 20. Februar 2024)