Sensation: Der nationale Normenkontrollrat (NKR) hat in einem aktuellen Positionspapier empfohlen, das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) abzuschaffen. Das Gesetz aus dem Jahr 1977 ist nach Ansicht des NKR veraltet, unklar und nicht mehr praxistauglich.
Was ist der Normenkontrollrat?
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) ist ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung. Er prüft seit 2006 die transparente und nachvollziehbare Darstellung der Bürokratiekosten aus Informationspflichten und seit 2011 die gesamten Folgekosten (Erfüllungsaufwand) in allen Gesetzes- und Verordnungsentwürfen der Bundesregierung.
Was ist das FernUSG?
Das FernUSG verpflichtet zahlreiche Anbieter von Fernlehrgängen (Coaching, E-Learning) je nach Gestaltung ihres Programms, ihre Kurse bei der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zulassen zu lassen. Ohne Zulassung dürfen die Kurse nicht vertrieben werden; Teilnehmende können sonst unter Umständen den vollen Preis zurückfordern – selbst nach Kursende.
Warum möchte der NKR das FernUSG abschaffen?
Der NKR kritisiert vor allem die unpräzisen Rechtsbegriffe, die inzwischen zu erheblichen Ausweitungen der Zulassungspflicht geführt haben. So sieht der Bundesgerichtshof in jüngeren Urteilen nahezu jede Form der Wissensvermittlung als „Fernunterricht“ an – selbst dann, wenn Kurse nur online abrufbar sind oder sich an Unternehmen richten. Damit fallen plötzlich zahllose digitale Angebote unter das FernUSG, für die das Gesetz nie gedacht war. Online-Coachings, Videotrainings oder kostenpflichtige Lernplattformen müssten theoretisch alle zugelassen werden, obwohl das Verfahren langwierig und bürokratisch ist.
Auch die praktische Umsetzung ist für den Rat ein zentrales Problem. Die ZFU verfügt mit rund 30 Mitarbeitenden über kaum ausreichende Kapazitäten, um die wachsende Zahl an Zulassungsanträgen zu bearbeiten. Derzeit sind etwa 5.000 Lehrgänge offiziell zugelassen, während Schätzungen von mehreren hunderttausend bis über einer Million potenziell betroffener Angebote ausgehen. Für die Anbieter bedeutet das aufwendige Verfahren nicht nur administrativen Aufwand, sondern auch Verdienstausfälle, da Kurse erst nach erfolgter Genehmigung vermarktet werden dürfen. Zudem werden deutsche Anbieter benachteiligt, weil ausländische Bildungsplattformen kaum von der ZFU kontrolliert werden können.
Aus Sicht des NKR ist der ursprüngliche Verbraucherschutzgedanke des FernUSG längst überholt. Die meisten Schutzmechanismen seien mittlerweile im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert – etwa Regelungen zum Widerrufsrecht, zur Begrenzung von Vorauszahlungen, zu Vertragsstrafen oder zu unzulässigen Kopplungsgeschäften. Das FernUSG verursache daher „unnötige Bürokratie ohne echten Zusatznutzen“.
Der Rat schlägt vor, das Gesetz vollständig abzuschaffen und die wenigen noch sinnvollen Elemente – insbesondere das verbraucherfreundliche Kündigungsrecht – in das BGB zu integrieren. Die bisherige didaktische Qualitätsprüfung der Lehrgänge durch die ZFU soll künftig auf freiwilliger Basis fortgeführt werden, ohne gesetzliche Verpflichtung oder staatliche Aufsicht.
Zusammengefasst fordert der NKR:
- Abschaffung des FernUSG – stattdessen sollen relevante Verbraucherschutz-Regeln ins BGB integriert werden.
- Die Kündigungsregelung (§ 5 FernUSG), die für Lernende vorteilhaft ist, soll übernommen werden.
- Die didaktische Qualitätsprüfung durch die ZFU soll künftig freiwillig und ohne gesetzliche Pflicht erfolgen.
Fazit
Der NKR sieht im FernUSG ein Gesetz, das seine Zeit gehabt hat. Was einst zum Schutz vor Betrug diente, ist heute zu einem bürokratischen Hemmschuh für digitale Bildungsanbieter geworden. In einer Welt, in der Verbraucherschutz längst umfassend geregelt und Lernen grenzenlos digital ist, braucht es keine separate Zulassungspflicht mehr – sondern moderne, einfache und technologieneutrale Regeln.
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