Lidl darf Dubai-Schokolade verkaufen, die nicht aus Dubai stammt. Ein neuer Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Januar 2025 (Az. 2-06 O 18/25) hat die Diskussion um die sogenannte “Dubai-Schokolade” neu entfacht. Während das Landgericht Köln zuvor geurteilt hatte, dass eine solche Bezeichnung in Verbindung mit spezifischen Verpackungshinweisen eine unzulässige geographische Herkunftsangabe (§§ 127 ff. MarkenG) darstellt (siehe mein Beitrag zum LG Köln), geht das LG Frankfurt einen anderen Weg. Es wies am 21. Januar 2025 den Antrag des Konkurrenten Wilmers gegen den Discounter Lidl auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Das Gericht sieht in der Bezeichnung keine Irreführung der Verbraucher.ich
Was steht hinter der Debatte um die Dubai-Schokolade?
Die Bezeichnung von Lebensmitteln mit geographischen Hinweisen wie “Dubai” wirft rechtliche Fragen auf: Erweckt der Name den Eindruck, das Produkt stamme tatsächlich aus dem genannten Ort? Oder handelt es sich vielmehr um einen symbolischen Begriff oder eine Marketingstrategie? Diese Fragen sind besonders bei zusammengesetzten Produkten wie der “Dubai-Schokolade” relevant, die Zutaten aus verschiedenen Herkunftsländern enthalten.
In Deutschland hat die sogenannte “Dubai-Schokolade” in den letzten Monaten für einen regelrechten Hype gesorgt. Produkte mit Pistazien und Engelshaar werden unter diesem Namen vielfach beworben – von Discountern bis hin zu kleinen Manufakturen. Der Begriff scheint sich mittlerweile zu einem Gattungsbegriff entwickelt zu haben. Doch ist das rechtlich zulässig?
Die Argumente des Landgerichts Frankfurt
Das LG Frankfurt hat sich in seinem Beschluss klar gegen die Auffassung gestellt, dass die Bezeichnung “Dubai-Schokolade” per se eine unzulässige Irreführung über die Herkunft darstellt. Die wichtigsten Argumente:
1. Fehlende irreführende Verpackungsmerkmale
Im Gegensatz zum vor dem LG Köln behandelten Fall enthielt die Verpackung der “Dubai-Schokolade” von Lidl keine spezifischen Hinweise, die auf eine Herkunft aus Dubai schließen lassen. So fehlten fremdsprachige Beschriftungen, Importhinweise oder andere Gestaltungsmerkmale, die Verbraucher zu einer solchen Annahme verleiten könnten. Stattdessen betonte Lidl auf der Verpackung, dass es sich um eine “Qualitäts-Eigenmarke” handelt, was einen Bezug zu Dubai eher ausschließt.
2. Zusammengesetzte Produkte und Verbraucherwahrnehmung
Das Gericht hob hervor, dass es sich bei der “Dubai-Schokolade” um ein zusammengesetztes Lebensmittel handelt. Bei solchen Produkten erwartet der Verbraucher nicht, dass alle Bestandteile oder das Produkt insgesamt aus dem genannten geographischen Ort stammen. Stattdessen wird der Begriff “Dubai” häufig als Hinweis auf eine bestimmte Zubereitungsart oder Rezeptur verstanden.
Ein Beispiel: Begriffe wie “Kaffee Costa Rica” oder “Champagner” beziehen sich auf die Herkunft der Hauptzutat. Bei einem Produkt wie “Dubai-Schokolade” – das Pistazien, Engelshaar und Schokolade kombiniert – liegt diese Erwartung nicht vor.
3. Gattungsbegriff durch Popularität
Das LG Frankfurt stellte fest, dass sich der Begriff “Dubai-Schokolade” durch den aktuellen Hype zu einem Gattungsbegriff entwickelt hat. Ähnlich wie “Wiener Würstchen” oder “Hamburger” wird der Begriff zunehmend allgemein verwendet, um Produkte mit Pistazien und Engelshaar zu beschreiben, ohne dass Verbraucher eine Verbindung zur geografischen Herkunft herstellen.
Auch andere Produkte wie “Dubai-Eis” oder “Dubai-Kaffee” tragen dazu bei, dass der Begriff als Symbol für eine bestimmte Kombination von Zutaten wahrgenommen wird.
4. Relevanz der Verkehrsauffassung
Die entscheidende Frage bei der Beurteilung einer Irreführung ist die Verkehrsauffassung – also, wie ein durchschnittlicher Verbraucher den Begriff interpretiert. Laut Gericht geht ein großer Teil der Verbraucher nicht davon aus, dass “Dubai-Schokolade” tatsächlich aus Dubai stammt. Die Herkunftskennzeichnung auf der Verpackung, die auf Zutaten aus EU- und Nicht-EU-Ländern hinweist, bestärkt diese Einschätzung.
Was bedeutet das für die Lebensmittelindustrie?
Der Beschluss des LG Frankfurt bringt wichtige Klarstellungen:
Keine automatische Irreführung durch geographische Bezeichnungen: Geographische Begriffe dürfen weiterhin verwendet werden, solange sie nicht explizit auf eine Herkunft hinweisen und keine irreführenden Gestaltungselemente enthalten.
Verbraucheraufklärung zählt: Klare Herkunftsangaben auf der Verpackung können helfen, Missverständnisse zu vermeiden.
Marketing mit Symbolik ist erlaubt: Begriffe wie “Dubai” dürfen als Symbol für exotische Zutaten oder besondere Zubereitungsarten genutzt werden, solange sie keinen konkreten geografischen Bezug vortäuschen.
Fazit
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zeigt, dass geographische Bezeichnungen in der Lebensmittelindustrie nicht zwangsläufig zu rechtlichen Problemen führen. Entscheidend sind die Verpackungsgestaltung und die Verkehrsauffassung.
Die “Dubai-Schokolade” mag also weiterhin für Pistazien und Engelshaar stehen – aber nicht zwingend für Dubai. Verbraucher können sich auf klare Kennzeichnungen verlassen, während Hersteller weiterhin kreative Produktnamen nutzen dürfen. Ein wichtiger Sieg für die Flexibilität im Marketing – und ein Signal für mehr Augenmaß in rechtlichen Auseinandersetzungen.
Du brauchst Unterstützung im Markenrecht?
– oder Anfrage über das Kontaktformular senden –