Dem Bild ist ein als Comic stilisierter Coach sehen, dem dem Käse liegt und der sich an deutsche Kunden richtet.Zur Anwendbarkeit des FernUSG bei Verträgen zwischen deutschen Anbietern und deutschen Kunden habe ich bereits umfangreich Stellung genommen. Siehe hierzu auch den grundlegenden Überblick: FernUSG: Sind (fast) alle Verträge über Online-Kurse nichtig? sowie BGH-Urteil: FernUSG auch bei B2B-Coaching & E-Learning Verträgen (mit FAQ)

Kurz zur Wiederholung: Ist das FernUSG anwendbar, sind Verträge, die unter seinen Anwendungsbereich fallen, ohne die erforderliche staatliche Zulassung der ZFU nichtig. Bereits gezahlte Vergütungen können dann ganz oder teilweise nach den §§ 812 ff. BGB zurückverlangt werden. In diesem Bereich hat sich mittlerweile eine erhebliche Rückforderungsindustrie etabliert, auf die sich ganze Kanzleien spezialisiert haben.

Interessant wird es jedoch bei der Frage: Wie ist die Rechtslage, wenn ein Anbieter aus der Schweiz oder aus Liechtenstein mit einem deutschen Kunden einen Vertrag schließt. Findet dann ebenfalls das FernUSG Anwendung?

Vorweg: Es kommt darauf an (tatsächlich!):

Schweizerisches oder liechtensteinisches Recht im Vertrag vereinbart

Da es sich bei Verträgen zwischen deutschen Kunden und Anbietern aus der Schweiz oder aus Liechtenstein um grenzüberschreitende Sachverhalte außerhalb der Europäischen Union handelt, ist die Rom-I-Verordnung nicht anwendbar. Stattdessen richtet sich das anwendbare Recht nach dem jeweiligen internationalen Privatrecht, insbesondere nach dem schweizerischen IPRG bzw. dem liechtensteinischen IPRG.

Beispielsweise besagt Art. 116 IPRG (Schweiz):

Der Vertrag untersteht dem von den Parteien gewählten Recht.

Sowohl das schweizerische als auch das liechtensteinische Kollisionsrecht lassen den Vertragsparteien grundsätzlich die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu bestimmen. Vereinbart der Anbieter daher wirksam die Anwendung schweizerischen oder liechtensteinischen Rechts, so gilt – vorbehaltlich zwingender Schutzvorschriften – dieses Recht.

Folge: Das FernUSG als deutsches Gesetz findet dann nicht automatisch Anwendung.

Keine Rechtswahl vereinbart

Doch wie stellt sich die Lage dar, wenn kein bestimmtes Recht vertraglich festgelegt wurde? Auch dann geben die jeweiligen Kollisionsnormen eine Antwort. Sowohl das schweizerische als auch das liechtensteinische internationale Privatrecht knüpfen bei Dienstleistungsverträgen im Regelfall an den Staat an, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seine Niederlassung hat. Coaching-Verträge sind regelmäßig als Dienstleistungsverträge einzuordnen. Selbst bei einer abweichenden Qualifikation als Werkvertrag ergibt sich regelmäßig keine andere Anknüpfung.

Art. 117 IPRG (Schweiz) besagt nämlich:

Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt.

Das dürfte regelmäßig das Recht des Staats sein, in dem der der Anbieter ansässig ist – im Beispielsfall also schweizerisches oder liechtensteinisches Recht.

Gibt es Einschränkungen (z. B. bei Verbrauchern)?

Gerade bei grenzüberschreitenden Verträgen mit Verbrauchern bestehen jedoch erhebliche Einschränkungen. Sowohl das deutsche internationale Privatrecht als auch die Rechtsprechung zum Verbraucherschutz stellen sicher, dass Verbraucher nicht allein durch die Wahl ausländischen Rechts um zwingende Schutzvorschriften ihres Heimatstaates gebracht werden.

Konkret bedeutet das: Schließt ein deutscher Verbraucher einen Vertrag mit einem Coaching-Anbieter aus der Schweiz oder aus Liechtenstein, dann dürfen ihm zwingende deutsche Verbraucherschutzvorschriften nicht entzogen werden – selbst dann nicht, wenn schweizerisches oder liechtensteinisches Recht vereinbart wurde oder nach Kollisionsrecht eigentlich anwendbar wäre.

Das schweizerische IPR sagt in Art. 120 IPRG (Schweiz) sogar:

Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt sind und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Konsumenten stehen, unterstehen dem Recht des Staates, in dem der Konsument seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat: (b) wenn in diesem Staat dem Vertragsabschluss ein Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Konsument in diesem Staat die zum Vertragsabschluss erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat …

Das IPR der Schweiz ist also so streng, dass automatisch bei „Konsumentenverträgen“ (= Verbraucherverträgen) das Recht des Staats gilt, in dem der „Konsument“ (Verbraucher) ansässig ist.

Zwingendes Verbraucherrecht umfasst solche Regelungen, von denen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf. Genau an diesem Punkt kann das FernUSG relevant werden.

Ist das FernUSG zwingendes Verbraucherrecht?

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) wird aus deutscher Sicht eindeutig als zwingendes Verbraucherschutzrecht eingeordnet. Es dient dem Schutz von Verbrauchern vor intransparenten oder qualitativ unzureichenden Fernunterrichtsangeboten und unterstellt entsprechende Verträge einer staatlichen Zulassungspflicht. § 8 FernUSG enthält zudem ein ausdrückliches Umgehungsverbot, was die zwingende Natur dieser Vorschriften unterstreicht.

Wann gilt der Kunde als Unternehmer?

Unternehmer ist nach § 14 BGB, wer beim Abschluss des Vertrags in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Im Coaching-Bereich liegt Unternehmereigenschaft insbesondere dann vor, wenn:

  • das Coaching vorrangig dem Ausbau, der Führung oder der Umsatzsteigerung eines bestehenden Unternehmens dient,
  • der Kunde bereits selbständig oder gewerblich tätig ist und
  • das Coaching objektiv der unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen ist.

Beispiele:

  • Business-Coaching für bereits selbständige Personen
  • Marketing- oder Vertriebsprogramme für Unternehmer
  • Skalierungs- oder Leadership-Coachings für Unternehmen

Wichtig: Die bloße Absicht, künftig eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, genügt nicht. Maßgeblich ist stets der konkrete Vertragszweck im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Für Coaching-Verträge bedeutet das: Ein Kunde ist Verbraucher, wenn er das Coaching

  • zur persönlichen Weiterentwicklung
  • zur allgemeinen Wissensvermittlung
  • zur privaten Neuorientierung oder
  • ohne konkreten Bezug zu einer bereits bestehenden unternehmerischen Tätigkeit bucht.

In welchen Fällen liegt ein Verbrauchervertrag vor?

Beispiele: Bucht ein angestellter leitender Vertriebsmitarbeiter ein Vertriebstraining auf eigene Rechnung, handelt es sich um einen Verbrauchervertrag. Beauftragt hingegen der Arbeitgeber das Coaching für seinen Mitarbeiter, liegt ein B2B-Verhältnis vor.

Eine arbeitslose Person, die beabsichtigt, künftig eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen und hierfür ein Coaching bucht, gilt regelmäßig noch als Verbraucher, solange sie nicht bereits konkrete unternehmerische Schritte eingeleitet hat.

Fazit für Coaching-Anbieter aus der Schweiz und aus Liechtenstein

Anbieter aus der Schweiz oder aus Liechtenstein, die sich an deutsche Kunden wenden, können sich nicht pauschal darauf verlassen, dass deutsches Verbraucherrecht – insbesondere das FernUSG – keine Rolle spielt, selbst wenn ausländisches Recht vereinbart wurde.

Entscheidend ist stets die konkrete Situation des Kunden (Verbraucher oder Unternehmer), die der Anbieter sorgfältig dokumentieren sollte, da es im Streitfall auf die tatsächlichen Umstände ankommt.

Liegt jedoch ein echter B2B-Vertrag vor und gilt schweizerisches oder liechtensteinisches Recht, ist das FernUSG grundsätzlich nicht anwendbar!

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Seite erstellt von Dr. Max Greger am 22. Dezember 2025 (zuletzt aktualisiert: 22. Dezember 2025)