Humorvolle Comic-Illustration: Ein österreichischer Coachinganbieter fährt auf Skiern eine verschneite Alpenpiste hinunter und verteilt bunte Coaching-Materialien an deutsche Kunden im Tal. Die Szene ist farbenfroh, dynamisch und symbolisiert grenzüberschreitendes Online-Coaching zwischen Österreich und Deutschland.Zur Anwendbarkeit des FernUSG bei Verträgen zwischen deutschen Anbietern und deutschen Kunden habe ich schon viel geschrieben. Siehe dazu auch den Grundlagen-Beitrag: FernUSG: Sind (fast) alle Verträge über Online-Kurse nichtig? und BGH-Urteil: FernUSG auch bei B2B-Coaching & E-Learning Verträgen (mit FAQ)

Kurz zur Wiederholung: Ist das FernUSG anwendbar, sind Verträge, die unter das FernUSG fallen, ohne die notwendige staatliche  Zulassung der ZFU nichtig. Bereits gezahlte Vergütungen können dann ganz oder teilweise nach den §§ 812 ff. BGB zurückgefordert werden. Es hat sich eine gewaltige Rückforderungsindustrie etabliert, ganze Kanzleien habe sich zu einem erheblichen Teil hierauf spezialisiert.

Spannend ist aber die Frage: wie verhält es sich, wenn ein österreichischer Anbieter mit einem deutschen Kunden einen Vertrag schließt. Gilt dann auch das FernUSG?

Vorweg: Es kommt darauf an (wirklich!):

Österreichisches Recht im Vertrag vereinbart

Weil es sich bei einem Vertrag zwischen einem deutschen Kunden und einem österreichischen Anbieter um einen grenzüberschreitenden Vertrag innerhalb der Europäischen Union handelt, gilt die sogenannte „Rom-I-Verordnung“ (Verordnung (EG) Nr. 593/2008).

Art. 3 Rom-I-VO gewährt den Parteien die Möglichkeit, das Recht frei zu wählen. Wenn also der österreichische Anbieter in seinem Vertrag oder in seinen AGB die Anwendbarkeit österreichischen Rechts vereinbart, gilt – die wirksame Formulierung vorausgesetzt – österreichisches Recht.

Folge: das FernUSG als ein deutsches Recht gilt dann erst mal nicht.

Keine Rechtswahl vereinbart

Doch wie verhält es sich, wenn kein bestimmtes Recht eines der beiden Länder vereinbart wurde? Auch dann hilft uns die Rom-I-VO weiter. Art. 4 Abs. 1 b) besagt für Dienstleistungsverträge, dass mangels einer Rechtswahl durch die Parteien das Recht des Staats gilt, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Coaching-Verträge sind im Regelfall Dienstleistungsverträge. Und selbst wenn man ausnahmsweise einen Werkvertrag annehmen würde, zählt der ebenfalls als „Dienstvertrag“ im Sinne der Rom-I-VO.

Damit wäre zunächst geklärt: Ohne Rechtswahl gilt grundsätzlich das Recht des Staates, in dem der Anbieter seinen Sitz hat – im Beispielsfall also österreichisches Recht.

Gibt es Einschränkungen (z. B. bei Verbrauchern)?

Gerade bei grenzüberschreitenden Verträgen mit Verbrauchern greift eine wichtige Einschränkung. Art. 6 Rom-I-VO schützt Verbraucher davor, durch eine Rechtswahl oder durch die Anknüpfung an ausländisches Recht schlechter gestellt zu werden als nach dem Recht ihres Heimatstaates.

Das bedeutet konkret: Schließt ein deutscher Verbraucher einen Vertrag mit einem österreichischen Coaching-Anbieter, dann darf ihm zwingendes deutsches Verbraucherrecht nicht entzogen werden – selbst dann nicht, wenn österreichisches Recht vereinbart wurde oder nach Art. 4 Rom-I-VO eigentlich anwendbar wäre.

Zwingendes Verbraucherrecht sind solche Vorschriften, von denen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf. Genau hier wird das FernUSG relevant.

Ist das FernUSG zwingendes Verbraucherrecht?

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) ist aus deutscher Sicht eindeutig dem zwingenden Verbraucherschutzrecht zuzuordnen. Es verfolgt den Zweck, Verbraucher vor qualitativ unzureichenden oder intransparenten Fernunterrichtsangeboten zu schützen und unterwirft entsprechende Verträge einer staatlichen Zulassungspflicht. § 8 FernUSG beinhaltet sogar ein ausdrückliches Umgehungsverbot (was zeigt, dass der Gesetzgeber es als zwingendes Verbraucherrecht sieht).

Wann gilt der Kunde als Unternehmer?

Unternehmer ist nach § 14 BGB, wer beim Abschluss des Vertrags in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Im Coaching-Kontext liegt Unternehmereigenschaft insbesondere vor, wenn:

  • das Coaching primär auf den Ausbau, die Führung oder den Umsatz des eigenen bestehenden Unternehmens gerichtet ist,
  • der Kunde bereits selbständig oder gewerblich tätig ist und
  • das Coaching objektiv der unternehmerischen Tätigkeit dient.

Beispiele:

  • Business-Coaching für bestehende Selbständige
  • Marketing- oder Vertriebscoachings für Unternehmer
  • Skalierungs- oder Führungsprogramme für Unternehmen

Wichtig: Die bloße Absicht, sich irgendwann selbständig zu machen, reicht nicht automatisch aus. Entscheidend ist immer der konkrete Vertragszweck zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

erbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Für Coaching-Verträge bedeutet das: Ein Kunde ist Verbraucher, wenn er das Coaching

  • zur persönlichen Weiterentwicklung
  • zur allgemeinen Wissensvermittlung
  • zur privaten Neuorientierung oder
  • ohne konkreten Bezug zu einer bereits bestehenden unternehmerischen Tätigkeit bucht.

In welchen Fällen liegt ein Verbrauchervertrag vor?

Beispiele:Ein Vertriebstraining, dass sich ein angestellter leitender Vertriebsmitarbeiter selbst bucht, ist ein Verbrauchervertrag. Bucht hingegen der Arbeitgeber das Training für seinen Angestellten, handelt es sich um ein B2B-Geschäft.

Ein Arbeitsloser, der gerne eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen will und dafür das nötige „Handwerkszeug“ braucht, gilt im Regelfall noch als Verbraucher, solange er nicht bereits den ersten Schritt zum Beginn der selbständigen Tätigkeit getan hat.

Fazit für österreichische Coaching-Anbieter

Österreichische Anbieter, die deutsche Kunden ansprechen, können sich nicht pauschal darauf verlassen, dass deutsches Verbraucherrecht – und insbesondere das FernUSG – keine Rolle spielt, auch wenn sie österreichisches Recht vereinbart haben.

Entscheidend ist die Situation des Kunden (Verbraucher oder Unternehmer), die der Anbieter genau dokumentieren soll, weil es im Streitfall auf die Einzelheiten ankommt.

Wenn aber ein B2B-Vertrag vorliegt und es gilt österreichisches Recht, dann ist das FernUSG nicht anwendbar!

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Seite erstellt von Dr. Max Greger am 19. Dezember 2025 (zuletzt aktualisiert: 19. Dezember 2025)